Das KULTUM zeigt die religiösen Arbeiten von Guillaume Bruère vom 5. März bis 8. Mai zum ersten Mal als Einzelausstellung.
Mit einem fremden und zugleich ungeheuer anteilnehmenden Blick des Künstlers ist die diesjährige Frühlingsausstellung „Tot und lebendig: Alte Meister“ in der Fasten- und Osterzeit zu charakterisieren. Der durch seine „Museumsbilder“ international bekannte Künstler hat sich in der Corona-Krise 2020 erneut religiösen Themen zugewandt, die Kurator Johannes Rauchenberger nun erstmals im KULTUM zeigt.
Es entstanden radikale religiöse Bilder, die aus den zentralen Figurationen des Christentums hervorgegangen sind: Kreuzigungen, Adams und Evas, Marien, Apostel. War Bruère bislang durch seinen exzessiv-expressiven Malgestus bekannt, reiht er sich nun in die Schatten seiner malerischen Vorbilder dezidiert ein. Sie sind niemand geringerer als Giorgione, Piero della Francesca, Dürer, El Greco, Caravaggio oder Rembrandt. „Ich lerne malen“, sagt der französische, in Berlin lebende Künstler lakonisch über seine neue Phase. In Guillaume Bruères Werkverzeichnis lauten diese Werke „Religious Themes“. Sie entbehren der sonst üblichen Distanz bei diesen Themen, sie sind ohne Ironie und Affirmation. Und dennoch sind sie ungeheuer radikal.
„Es bricht sich eine existenzielle Betroffenheit die Bahn, die dieses Werk im zeitgenössischen Kontext von Kunst und Religion beinahe singulär erscheinen lässt. In Bruères Archiv sind Hunderte an Blättern, Skulpturen – vor allem kleine Kreuze – archiviert. Nun kommen große Leinwände hinzu, die jeweils nur einen Titel tragen: Das Datum der Vollendung. Es gibt wohl kaum einen Künstler im internationalen Kunstgeschehen, der sich mit einer derartigen Durchsichtigkeit und Zerbrechlichkeit der „alten“ Gestalten des Christentums annimmt, wie Guillaume Bruère“,
so Kurator Johannes Rauchenberger.
Der Künstler wuchs in seiner Heimat Frankreich klassisch säkularisiert ohne christliche Erziehung auf. Religion kam auch im Studium nicht vor. Er fand erst nach intensiven Museumsbesuchen einen Zugang zum Christentum, das ihn als genauen Beobachter expressiver Maltraditionen zu faszinieren begann.
„Ich getraue mich eigentlich zu sagen, dass ich es der Malerei verdanke, dass ich begonnen habe die Frage nach Gott überhaupt stellen zu können. Malerei, so betrachtet, verstehe ich für mich auch als Werkzeug, ohne das ich auch spirituell verloren wäre. In der konkreten Beziehung mit der Kunst wurde dieser Aspekt für mich viel konkreter. Die Epoche, zu der ich aber nach und nach Gefallen fand, ist eben eine, in der es sehr um religiöse Motive geht, also das späte Mittelalter. Ich konnte mich mit religiösen Motiven eigentlich unvoreingenommen auseinandersetzen. Mir ging es zunächst verstärkt um die Epoche, dadurch konnte ich mit diesen Motiven etwas anfangen, ich hatte einfach keine Scheu, weil ich sie ja nicht kannte“,
so Guillaume Bruère.
Museumsbiler
„Ich bin da, und es malt in mir“, sagt er über den Malakt vor Originalen im Museum, in dem er sich ganz der Unmittelbarkeit hingibt und in dem sein Auge in die malende Hand zu wandern scheint. Der Malprozess wird zu einem innigen Prozess zwischen dem Künstler und den Dargestellten, die ihm förmlich aus den Bildern zuzurufen scheinen. Bruère zeichnete in großen europäischen Museen wie in Zürich, Karlsruhe, Stuttgart, Berlin und 2018 im Zuge der Ausstellung „Glaube Liebe Hoffnung“ im Kunsthaus Graz und KULTUM (800 Jahre Diözese Graz-Seckau). „Als der französische Künstler Guillaume Bruère im Februar desselben Jahres allein in der Alten Galerie zeichnet, kommt es zu einem intimen und bis zur fast völligen körperlichen Erschöpfung geführten malerischen Gespräch zwischen Statuen, Bildern und Künstler, so als ob die sechs-, sieben-, achthundert Jahre dazwischen aufgehoben wären“, so Johannes Rauchenberger. Einige der 40 entstandenen Zeichnungen sind nun Teil des KULTUM-Depots. Online zugänglich sind diese im virtuellen MUSEUM RAUM 02 des KULTUM, der sich der Fragilität von Wahrheit widmet: „Glauben bedeutet keineswegs an etwas zu glauben“. Und was ist vom Beitrag, den gerade das Christentum dazu geleistet hat, am Beginn des XXI. Jahrhunderts teil-, erzähl- und vermittelbar?
Bereits 2015 war Guillaume Bruére in Graz zu Gast, zeichnete in einer öffentlichen Performance Flüchtlingsportraits, die später im Deutschen Historischen Museum in Berlin und in Brüssel zu sehen waren. Im KULTUM wurde Bruère in der Ausstellung „Flüchtlingsportraits/Portraits of Refugees“ (2016), „reliqte, reloaded: Zum Erbe christlicher Bildwelten heute“ (2015/16) und „VULGATA. 77 Zugriffe auf die Bibel“ (2017) gezeigt.
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