Idee

Die Initiation des Projekts bildtheologie.de und die damit verbundene Gründung des Vereins bildtheologie e. V. verdanken sich unterschiedlichen Herausforderungen, vor denen die Bildtheologie – wie wir ProjektinitiatorInnen finden – heute steht. Mit unserem Projekt möchten wir einen Beitrag zur Reflexion und zum Umgang mit diesen Herausforderungen leisten.


Herausforderung 1 – Was ist Bildtheologie und wozu braucht unsere Gesellschaft sie in der akademischen Landschaft?

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit bildender Kunst als Medium der Rede von Gott und Quelle theologischer Erkenntnis ist inzwischen mehr als ein Hobby einzelner etablierter ForscherInnen. Die noch junge Bildtheologie ist zu einer eigenen kleinen Disziplin in der akademischen Landschaft geworden und hat sich innerhalb der deutschen, christlichen Theologien etabliert. Wie viele andere geisteswissenschaftliche Disziplinen steht auch die Bildtheologie vor der Herausforderung, dass ihr Nutzen einer breiten gesellschaftlichen Öffentlichkeit nicht sofort und unmittelbar ersichtlich sein muss. Mit bildtheologie.de wollen wir unseren Beitrag dazu leisten, bildtheologische Erkenntnisse und Methoden gesellschaftlich zugänglich und nutzbar zu machen (sog. Wissenschafts- und Forschungstransfer). Damit arbeiten wir gleichzeitig am Bekanntheitsgrad und der Öffentlichkeitswirksamkeit der Bildtheologie.


Herausforderung 2 – Wer ist an der Bildtheologie beteiligt und wie kommen die Beteiligten zusammen?

Die Landschaft der Bildtheologie in Europa ist vielfältiger als sie zunächst erscheinen mag. Bildtheologische Arbeit auf wissenschaftlichem Niveau ist nicht nur an Universitäten und Akademien zu finden und sie wird nicht nur von längst etablierten ‚grauen Eminenzen‘ geleistet. In der Vergangenheit wurden in Europa viele Nischen im Kunst- und Kultursektor ausgebildet, deren Arbeit – wenn auch auf unterschiedliche Weise – bildtheologisch genannt werden kann und muss. Zu den AkteurInnen in diesen Bereichen gehören z. B. KünstlerInnen, FotografInnen, ArchitektInnen, KuratorInnen und WissenschaftlerInnen, die außerhalb der Hochschulen wirken. Netzwerke werden durch die Initiative Einzelner gebildet und sind oft recht exklusiv. bildtheologie.de ist daran interessiert, alle interessierten AkteurInnen auf diesem interdisziplinären Feld der Bildtheologie innerhalb und außerhalb der akademischen Landschaft systematisch und nachhaltig miteinander zu vernetzen. Dazu möchten wir besonders junge ForscherInnen gewinnen. Das so entstehende Netzwerk soll für die Öffentlichkeit sichtbar sein und gezielt zur niederschwelligen Kommunikation sowie schnellen Organisation genutzt werden können.


Herausforderung 3 – Wo wird mit welchen Methoden
bildtheologisch gearbeitet und was wird dazu benötigt?

Die theologische Auseinandersetzung mit bildender Kunst allerorts – sofern sie als eine bildtheologische verstanden wird – macht sich abhängig vom einzelnen Kunst- oder Bildwerk. Bildtheologisch zu arbeiten verlangt, methodisch angemessen mit unzähligen dieser Werke umzugehen. Dabei gilt es, ihre jeweils eigene bildliche Sprachvielfalt, ihre Theorien und Funktionen in einem interdisziplinärem Feld zu berücksichtigen. Welche ForscherInnen dabei wie vorgehen, lässt sich oft nur mühsam zwischen einer Vielzahl von Zeilen erahnen. Mit bildtheologie.de wollen wir Interessierten und insbesondere jungen ForscherInnen eine bessere Orientierung auf dem Gebiet der unterschiedlichsten Orte und Methoden der Bildtheologie ermöglichen: Wo arbeitet wer mit welchen Methoden an welchen Themen? Gleichzeitig blicken wir auf die Verfügbarkeit von nötigen Ressourcen für bildtheologische Arbeit: Welche Angebote existieren und wie lassen sie sich gewinnbringend einsetzen? Wir blicken z. B. auf museale Einrichtungen, die für bildtheologische Arbeit am einzelnen Werk nicht nur den institutionellen Rahmen bieten, sondern das Forschungsgebiet im Zuge ihres kunstgeschichtlichen Bildungsauftrags auch partnerschaftlich bereichern und erweitern können. Ganz praktisch arbeitet das Projekt deshalb mit Fragen der rechtssicheren Verwendung von digitalen (Licht-)Bildwerken in Wissenschaft, Forschung, Lehre und auch in eigenem Interesse auf dem Gebiet des Wissenschaftstransfers in die Öffentlichkeit.


Herausforderung 4 – Wie will die Bildtheologie die zunehmende Digitalisierung meistern und welchen Ort sucht sie sich in der digitalen Welt?

Die meisten akademischen Disziplinen – vor allem aber die geisteswissenschaftlichen – hinken der Digitalisierung unserer Gesellschaft und damit auch ihrer Wissenschaften hinterher. Die Bildtheologie ist da keine Ausnahme: Bildtheologische Arbeit produziert bevorzugt noch analoges Material, obwohl sie längst von digital zur Verfügung gestelltem Content (z. B. Bilddateien) abhängig ist. Die Digitalisierung von Kunstbeständen, künstlerischen Œuvres und ganzen Ausstellungsräumen bereichert bildtheologische Arbeit. Immer vorausgesetzt, das digitale Material ist hochwertig, ist es mit wenigen Ausnahmen (etwa Faksimile) analogen Reproduktionen vorzuziehen. So ermöglichen z. B. Digitalisate die Arbeit mit schwer zugänglichen oder längst zerstörten Kunstwerken, ohne die Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk vor Ort gänzlich ersetzen zu können. Die große Menge an gutem digitalem Arbeitsmaterial vergrößert unseren Aktionsradius, erweitert unser Bildgedächtnis und verbreitert unsere Grundlagen. Gleiches würde dann doch auch für bildtheologische Inhalte gelten. Je schneller und barrierefreier unser Content einer möglichst breiten Öffentlichkeit zur Verfügung steht, desto eher wird er auch rezipiert und weiterverarbeitet. Mit bildtheologie.de wollen wir einen Beitrag zur Digitalität und damit zur Zukunftsfähigkeit der Bildtheologie leisten. Wir wollen bildtheologischer Arbeit eine Plattform bieten und stellen damit einen Ort bereit, an dem sich digitale Bildtheologie erproben kann.

Silke Rehberg: Verkündigung in GrünGrau (Detail), 2017, Materialcollage, ca. 47 x 74 cm, Privatbesitz.

© Silke Rehberg | © Foto: Stephan Kube

© Silke Rehberg | © Foto: Stephan Kube