5 Fragen an
Silke Rehberg

Ein Interview von bildtheologie.de

Silke Rehberg ist freie Künstlerin und lebt im Münsterland. Von ihr stammt die Bildmarke, die visuelle Identität von bildtheologie e. V. Silke Rehberg wurde 1963 in Ahlen geboren und ist mit dem deutschen Philosophen Lambert Wiesing verheiratet, dessen Schwerpunkte in der Phänomenologie, Wahrnehmungs- und Bildtheorie sowie Ästhetik liegen. Nach ihrem Abitur studierte sie Bildhauerei an der Fachhochschule und Freie Kunst an der Kunstakademie in Münster. 1991 war sie dort als Meisterschülerin des Konzept- und Totalkünstlers Timm Ulrichs tätig. Die Künstlerin beschäftigt sich seither regelmäßig in ihren Arbeiten mit religiösen, christlichen oder auch kirchlichen Themen. Das zeigt nicht nur die Bildmarke von bildtheologie e. V. 2003 war sie an einem Großprojekt beteiligt, das die Konzeption einer Schulbibel für die Sekundarstufe 1 zum Ziel hatte. Ihre Bilder in Meine Schulbibel. Ein Buch für Sechs- bis Zwölfjährige, die mehr sind als bloße Illustrationen, begleiten im Religionsunterricht die Arbeit mit ausgewählten biblischen Texten. Zwei sehr unterschiedliche Kreuzwege von Silke Rehberg sind dauerhaft in zwei Münsteraner Kirchen zu sehen: die Glasfenstermalereien in St. Josef (Münster-Kinderhaus) und die bildhauerische Arbeit Achtmal Jesus in St. Theresia von 2007. Eine vielbeachtete Auftragsarbeit ist seit 2011 auf dem Domhof an der Kettwiger Straße in Essen platziert: Die zwei Meter hohe, schwarz patinierte Bronzeskulptur des ersten Bischofs von Essen, Franz Kardinal Hengsbach.

  1. Welche Gründe haben Sie dazu veranlasst, sich mit der Erarbeitung einer Bildmarke auf das Projekt bildtheologie e. V. einzulassen?

    Beim Schaffen der Bildmarke für bildtheologie e. V. konnte ich auf viele eigene Vorarbeiten zurückgreifen – da wieder anfangen, wo ich vor einiger Zeit Papier und Pappen, Stift und Folien liegen gelassen hatte. Aus meiner Perspektive habe ich eine Collage hergestellt. Das Thema – Verkündigung – habe ich schon auf unterschiedliche Arten bearbeitet. Ich kann gar nicht genug davon kriegen! Es ist aber auch großartig, dass eine Ankündigung, der Vorgriff auf die Zukunft, die Spekulation und die darauf erfolgende Reaktion und überhaupt die Vorführung, dass man zu allem, was einem zugemutet wird, immer auch noch selbst Stellung beziehen kann, wie Maria in dieser Situation, dass man all dies in dieser knapp beschriebenen Szenerie – genannt Verkündigung – geliefert bekommt.

  2. Worin liegt Ihr Interesse an religiösen Themen begründet?

    Egal, ob ich modelliere oder zeichne oder collagiere oder male, mir geht es immer um eine Beschreibung menschlicher Zustände. Kaum hat man das gesagt, schon steht man in einer Tradition, denn aktuelle Stellungsnahmen stehen auf dem schon ziemlich angewachsenen Fundament bereits gegebener Statements. Da sich aber grundlegende Fragestellungen nicht verändert haben – modernistische Nuancen spielen hier keine Rolle – kümmere ich mich um die immer gleiche Thematik: Menschliches und Allzumenschliches eben. Biblische Texte und religiöse Fragestellungen haben da viel zu bieten.

  3. Welche Rolle spielt Inspiration für Sie, wenn Sie sich künstlerisch insbesondere mit religiös-christlichen Inhalten auseinandersetzen?

    Inspiration ist ein schönes Wort, umso trauriger, dass ich es so selten benutze und damit fast gar nichts anfangen kann. Dabei ist es wahrscheinlich wirklich so, dass bestimmte Konstellationen einen anfangen lassen zu arbeiten, andere eher nicht. So gesehen taugen Themen in langer, ikonografischer Reihe dazu für mich sehr. Im Gegensatz dazu würde ich für ein politisches Tagesgeschehen, Eintagsfliegen und Sommerträume kaum einen Stift zur Hand nehmen. Es sei denn, die Gattung Eintagsfliege brummt seit Jahrhunderten in immer wieder veränderter Gestalt durch den Alltag, hinterlässt ihre Marken und ist nicht tot zu kriegen, wie etwa die Religiosität.

  4. Gibt es für Sie einen besonderen Reiz an der künstlerischen Zusammenarbeit mit Kirche?

    Ja, den gibt es, und nicht nur aus den zuvor beschriebenen Gründen. Die Zusammenarbeit mit Kirche umfasst nämlich auch die Kirchen, die Gebäude. Diese Orte haben immer, oder zumindest fast immer etwas, dass mich anzieht. Sie sind so aus dem Funktionszusammenhang genommen, in dem sich die Gesellschaft im Alltag zeigt, das allein fasziniert mich. Würde ein Wesen, das nicht von dieser Welt ist, zu mir kommen und Fragen stellen, dann könnte ich sagen, dass in der Schule Wissen vermittelt wird, um Kinder zu lehren, ein Wohnhaus den Bewohner beherbergt, ein Rathaus Belange gesellschaftlichen Zusammenlebens regelt und so weiter. Würde das Wesen dann nach der Kirche fragen, dem Dom oder der Kathedrale, könnte ich immerhin antworten, dass sie errichtet wurden, weil man es wollte. Punkt! Das ist grandios und man spürt es, wenn man das Haus betritt. Und ich glaube, dass die Kirche und die Kunst hier zusammenfallen. Man macht es, weil man es kann und will.

  5. Welche Bilderfragen des Christentums erscheinen Ihnen heute so drängend zu sein, dass Künstlerinnen und Künstler sich unbedingt mit ihnen beschäftigen sollten?

    Darzustellen, was nicht darzustellen ist.

Ich bedanke mich herzlich für das Interview.
Kristin Riepenhoff | bildtheologie e. V.


Hier geht es zur persönlichen Homepage von Silke Rehberg.

Ausgewählte Literatur:

  • WRUCK, EVA: Conditio Humana. Silke Rehbergs Kreuzweg in St. Josef-Kinderhaus, Münster, in: Das Münster 1/2013, S. 16–20.
  • WECKESSER, MARKUS: Kardinal, Kunst und Kritik, in: theo 2/2012, S. 54–57.
  • Meine Schulbibel. Ein Buch für Sieben- bis Zwölfjährige. Kevelaer u. a. 2003.
Silke Rehberg © Foto: Silke Rehberg
Silke Rehberg

Silke Rehberg ist freie Künstlerin. Sie studierte Bildhauerei an der Fachhochschule Münster sowie Freie Kunst an der Kunstakademie in Münster und war dort als Meisterschülerin des Konzept- und Totalkünstlers Timm Ulrichs tätig. Zahlreiche Arbeiten und Projekte belegen ihre Auseinandersetzung mit religiösen, christlichen und kirchlichen Themen. 2017 schuf sie die Materialcollage Verkündigung in GrünGrau – die Bildmarke des Vereins bildtheologie e. V.

Kristin Riepenhoff © Foto: Stephan Kube
Kristin Riepenhoff

Dr. Kristin Riepenhoff war bis 2021 wissenschaftliche Projektmitarbeiterin an der Arbeitsstelle für christliche Bildtheorie, theologische Ästhetik und Bilddidaktik sowie Assistentin des Studienmanagers im Studienbüro der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Universität Münster. Sie absolvierte ihr Studium in Münster und wurde dort 2019 auf Grundlage einer interdisziplinär angelegten Dissertation mit dem Titel Herrliche Schwere. Bildkonzepte der Herrlichkeit Gottes nach Kunstwerken von Richard Serra promoviert.