Albrecht Dürers christomorphes Selbstbildnis

Zwischen vera icon und alter deus

Albrecht Dürer: Selbstbildnis im Pelzrock, 1500, Öl/Lindenholz (Tillia sp.), 67,1 x 48,9 cm, Bayerische Staatsgemäldesammlung, Alte Pinakothek, München.

Albrecht Dürer: Selbstbildnis im Pelzrock, 1500, Öl/Lindenholz (Tillia sp.), 67,1 x 48,9 cm, Bayerische Staatsgemäldesammlung, Alte Pinakothek, München.

© CC BY-NC-SA 2.0 | Abbildung: profzucker | Quelle: Flickr | Bezugsquelle https://search.creativecommons.org/photos/d990a9a4-ef3a-4120-93d3-3f2075ecc5e0 (zuletzt aufgerufen am 20.08.2019; 14:13 Uhr)

Streng und erhaben, feierlich und doch milde schauend wird die Gestalt eines Mannes vor dunklem Hintergrund hervorgehoben. Selbstbewusst trifft ihr Blick den des Betrachters. Individuelle Züge und physiognomische Merkmale deuten auf das Abbild des Malers Albrecht Dürer hin. Doch zugleich sind es Aussehen und Typus der Gestalt, welche an alte Christusbilder erinnern. Ist es Dürer oder Christus, der dem Betrachter in seiner ungewöhnlich zweideutigen Ähnlichkeit entgegenblickt?

Seit über 500 Jahren regt das außergewöhnliche Selbstbildnis im Pelzrock die bildtheologische und kunstgeschichtliche Auseinandersetzung an. Denn scheinbar idealisiert Albrecht Dürer seine Gestalt zugunsten eines christomorphen Aussehens oder verleiht dem Bild des Gottessohnes seine persönlichen Gesichtszüge. Selbstreflexiv, theologisch hinterfragend und gesellschaftskritisch formuliert der Maler bildlich sein umfangreiches kunstwissenschaftliches Verständnis, sein Menschenbild sowie seinen Anspruch als Künstler. Außerdem hebt er die Gattung des Selbstporträts nicht nur formal, sondern auch inhaltlich durch die Suche nach dem göttlichen Ursprung des Menschen und den Nachvollzug des Urtypus eines christlichen Bildes einzigartig hervor.

Das Forschungsinteresse der zugrunde liegenden Masterarbeit ist es, Albrecht Dürers christomorphes Selbstbildnis im Pelzrock bildtheologisch im Zusammenhang von vera icon und alter deus zu untersuchen und Antworten auf folgende Fragen zu finden.

Inwiefern trägt die dargestellte Christusähnlichkeit Dürers dazu bei, dass sein Selbstporträt als ein wahres Bild hinsichtlich einer im Menschen sichtbar gewordenen Gottebenbildlichkeit beschrieben werden kann? Erhebt sich der Künstler mit seiner Selbstdarstellung möglicherweise selbst zum zweiten Gott, dessen malerischer Schöpfungsprozess zur Verewigung im Bilde Christi führt? Und können äußere Christusähnlichkeit, bildinterne Verweise und idealisierte Darstellungsart des Künstlerporträts tatsächlich zur Schöpfung eines göttlichen oder von göttlicher Schöpferkraft geprägten Bildes beitragen?

Bildrechtliche Angaben

  1. Albrecht Dürer: Selbstbildnis im Pelzrock, 1500, Öl/Lindenholz (Tillia sp.), 67,1 x 48,9 cm, Bayerische Staatsgemäldesammlung, Alte Pinakothek, München. | © CC BY-NC-SA 2.0 | Abbildung: profzucker | Quelle: Flickr | Bezugsquelle: https://search.creativecommons.org/photos/d990a9a4-ef3a-4120-93d3-3f2075ecc5e0 (zuletzt aufgerufen am 20.08.2019; 14:13 Uhr).
Linda Michalke © Foto: Stephan Kube
Linda Michalke

Linda Michalke ist Direktorin des Bildungs- und Tagungshauses Liborianum in Paderborn und war dort zuvor Bildungsreferentin. Sie studierte Theologie und Lehramt in Münster und war wissenschaftliche Hilfskraft an der Arbeitsstelle für christliche Bildtheorie, theologische Ästhetik und Bilddidaktik der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Ihre bildtheologische Forschung untersucht vor allem christlich-theologisch geprägte Kunst der Renaissance.