Am Tag des Pfingstfestes erfüllt sich, was zuvor verheißen wurde: Nach der Himmelfahrt Christi sitzen Maria und die Apostel beisammen, als ihnen Zungen wie aus Feuer erscheinen und sie mit dem Heiligen Geist erfüllt werden. Dieses Geschehen des Pfingstfestes aus der Apostelgeschichte wird nicht selten zum Gegenstand verschiedener Darstellungen. Auch Peter Paul Rubens nutzt die ersten Verse dieser Erzählung als Grundlage für sein Werk Die Ausgießung des Heiligen Geistes. In Rubens’ Bild wird Maria inmitten einer Personengruppe gezeigt, sie blickt nach oben, dorthin, wo die Geisttaube umgeben von einer Gloriole zu sehen ist. Von ihr gehen Lichtstrahlen und kleine Flammen aus und weisen unmittelbar auf die Ereignisse des Pfingstgeschehens hin.
Die biblische Erzählung der Apostelgeschichte (Apg 2,1–13) und Rubens’ Die Ausgießung des Heiligen Geistes bilden die beiden Schwerpunkte dieser Arbeit. Das Forschungsinteresse liegt darin, die exegetischen Untersuchungen zum Pfingstereignis und die bildanalytischen Ergebnisse zu Rubens’ Werk vergleichend gegenüberzustellen, um das bildtheologische Potential des Pfingstbildes hervorzuheben.
Der Vergleich von Bild und Text zeigt, dass Rubens in seiner Darstellung nicht nur das Geschehen des Pfingstereignisses ins Bild setzt, sondern insbesondere mit der Einheit aus den zentralen Elementen des Werkes, der Geisttaube, der Marienfigur und den Büchern, auf bildgegenständlicher sowie bildstruktureller Ebene das klassische Sujet einer Pfingstdarstellung erweitert. Die Ausgießung des Heiligen Geistes unterscheidet sich im Hinblick auf das bildtheologische Potenzial von anderen Pfingstdarstellungen, da Rubens durch die kompositorische Verknüpfung seiner Bildelemente größere theologische Zusammenhänge herausstellt und dadurch einen Spannungsbogen zwischen Schrifttradition und Offenbarungsempfang eröffnet.